„Bergblut“ zeigt den Tiroler Aufstand aus neuer Perspektive – und den Innsbrucker Wolfgang Menardi in seiner ersten Kinohauptrolle.
Ein Film über den Tiroler Aufstand, zwei Jahre nach dem großen Andreas-Hofer-Jubiläum? Ist das nicht ein bisschen spät, der Mythos reichlich abgefeiert? Nicht unbedingt. Zwar war auch Regisseur und Drehbuchautor Philipp J. Pamer vom Jubiläum inspiriert, und auch er kann sich der Faszination des Heldenmythos, mit dem er als Südtiroler aufgewachsen ist, nicht ganz entziehen. Andererseits: Andreas Hofer steht diesmal gar nicht im Zentrum.
Vielmehr erzählt „Bergblut“ die Geschichte eines jungen Liebespaars; vor allem aus der Sicht der jungen Frau. Eine wohlhabende, bayerische Arzttochter verliebt sich in einen armen Südtiroler Bergbauernsohn, muss mit ihm in seine bayerisch-französisch besetzte Heimat fliehen. Während er sich „dem Hofer“ anschließt, findet sie sich in einer Bergwelt wieder, die zwar großartige Panoramen, aber auch harte Arbeit und einen barschen Umgangston bereithält, insbesondere gegenüber der „bayerischen Goaß“.
Eine umgekehrte Reise hat Wolfgang Menardi (alias Bauernsohn Franz) hinter sich. 15 Jahre ist es her, dass sich der 33-jährige Innsbrucker aus den Tiroler Bergen ins deutsche Flachland gewagt hat, wo er seither schön kontinuierlich als Schauspieler Karriere gemacht hat – während man in seiner Heimat seinen Namen bisher kaum kennt. Mit „Bergblut“, seiner ersten Kinohauptrolle, kehrt er nun quasi nach Österreich zurück.
Die Zeit im Nachbarland hat Spuren hinterlassen. Wenn man mit Menardi spricht, glaubt man, man habe es mit einem Deutschen zu tun. Erst nach und nach hört man das Tirolerische heraus – hauptsächlich deshalb, weil er zur Filmpremiere angereist ist und sich der alte Dialekt wieder einschleicht. „Bergblut“, sagt Menardi also auf Deutsch-Tirolerisch, habe mit seinem Ansatz (einfache Leute, aufgeklärte Bayerin trifft patriarchale Bergwelt) durchaus seine Berechtigung. Und sei im Übrigen „ein größenwahnsinniger Film“.Denn „Bergblut“ ist eigentlich ein Studentenfilm, es ist die Abschlussarbeit des 25-jährigen Südtirolers Pamer an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film. Mehrere Jahre hat er daran gearbeitet, in Südtirol und Bayern Unterstützung und Finanzierung aufgestellt, Profis für einen Obulus verpflichtet und eine ganze Schar freiwilliger Helfer für den Dreh an Originalschauplätzen im Südtiroler Passeiertal rekrutiert. Das Ergebnis ist großes, klassisches Erzählkino, das Kritiker verwundert, weil sie sich, glaubt Menardi, von einem 25-Jährigen wohl eher einen Arthouse-Film erwartet hätten, kein Historiendrama in Überlänge. Das aber durchaus funktioniert.
Menardi selbst kehrt, je älter er wird, immer lieber in die Berge zurück. Hinter sich gelassen hatte sie der Sohn eines Beamten und einer Apothekerin sofort nach der Matura. „Als Jugendlicher in Tirol hatte ich das Gefühl, ich muss da weg, in eine größere Stadt.“ Nach München musste es noch größer werden, er zog nach Berlin. Heute lebt er in beiden Städten, spielt Theater (in bisher mehr als 50 Produktionen), ein wenig Fernsehen (u. a. „Tatort“, oft als Bösewicht) und Kino, seit ein paar Jahren entwirft er auch Bühnenbilder (im kommenden November am Wiener Volkstheater). Zwischendurch spielte er immer wieder Theater in Paris, darunter Strindberg auf Französisch.
„Wie eine fremde Sprache“ musste er auch Passeierisch lernen. Regisseur Pamer bestand auf Originaldialekt, sprach dem Nordtiroler Menardi jeden einzelnen Satz auf Tonband vor. Der Einsatz hat sich gelohnt; der Film, der schon in vier Kontinenten auf Festivals lief, wird für seine Authentizität gelobt. Nur im „Heiligen Land“ ist man, das zeigte die Welturaufführung bei den Bozner Filmtagen 2010 und auch die Österreich-Premiere am Montag in Innsbruck, ein wenig verwirrt. „Der Hofer ist ja gar nicht der Held!“, staunte man da. Anders formuliert es Hofers Frau im Film: „Mir san die Weiber und mir tragen das Land!“
von Teresa Schaur-Wünsch (Die Presse)
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