München – Philipp J. Pamer ist eine Kämpfernatur. Das liegt ihm im Blut. Auch wenn der bubenhafte 25-Jährige eine harmlose Nickelbrille auf der Nase hat. Mit dem Satz auf seinem T-Shirt ist’s ihm ernst. ,,Der Berg ruft“, steht da in Lettern, wie sie schon das Plakat des alten Luis-Trenker-Dramas zierten. Auch Pamer ist Südtiroler. Und er hat – was dieses biographische Detail ungeheuer potenziert – gemeinsame Vorfahren mit Andreas Hofer. Sein erster großer Spielfilm heißt ,,Bergblut“. Das für einen HFF-Abschlussfilm extrem aufwendige Historiendrama spielt zur Zeit des Tiroler Volksaufstandes gegen die bayerischen und französischen Besatzer, und erfährt heute beim Filmfest seine Premiere (um 19.30 Uhr im Gasteig).
Seit 2005 Jahren lebt Philipp Pamer in München, nachdem er auf Anhieb die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Fernsehen und Film bestanden hatte.
Doch in die Freude darüber mischte sich für den damals 19-Jährigen auch ein KuIturschock. Ich bin in einem 600-Seelen-Dorf aufgewachsen. “ Die Millionenstadt schien ihm ähnlich fremd wie jener Augsburger Arzttochter, die die Hauptfigur seines Films ist, die Welt der Berge.
Sie wird dorthin 1809 an der Seite ihres Mannes verschlagen. Der Bergbauernsohn wird wenig später an Hofers Seite in den Kampf ziehen, während die junge Städterin aus dem Feindesland ein ähnliches Schicksal ereilt, wie man es aus ,,Madame Bäurin“ und,,Herbstmilch“ kennt.
Andreas Hofers Großmutter, Maria Pamer, stammte von jenem Hof, der bis heute den Großeltern Philipp Pamers gehört. Naheliegend, dass er einen Großteil des Films an den Originalschauplätzen der historischen Ereignisse im Passeirertal drehte – wie zum Beispiel im ,,Sandwirtshaus“, dessen Wirt Hofer war. Selbst wenn das für das gesamte Team bedeutete, unter hochalpinen Bedingungen zu arbeiten, die Mühsal zahlte sich aus. Denn während manche der Anfangsszenen in Augsburg noch hölzern wirken, nützt Pamer geschickt seinen Heimvorteil. Nicht nur, dass es ihm gelingt, den Südtiroler Dialekt in seiner rauen Schönheit als identitätsstiftenden Moment glaubwürdig einzusetzen.
Auch hat er dank seiner Kenntnis von Land und Leuten die Idealbesetzung für den Andreas Hofer gefunden:
Klaus Gurschler, einer, der heute Wirt eines Berggasthofes im Passeirertal ist, und der als moderner Volksmusikant seine Anhänger hinter sich schart. Wenn Pamer dann auch noch die feindlichen Soldaten
durch meterhohen Schnee zum Sandwirt stapfenlässt, spürt der Zuschauer eine besondere Authentizität, die von „Bergblut“ ausgeht. Er ahnt die physische Grenzerfahrung, die diese für alle Beteiligten bedeutet haben müssen.
,,Dass heute ein Team aus Bayern und Südtirolern, den Feinden von damals, gemeinsam dieses Projekt stemmte“, macht Pamer besonders stolz. Doch sein Idealismus und sein Ehrgeiz gehen noch weiter:
Er hofft, sein Film könne zum ,,Leuchtturmprojekt“ für die gesamte daniederliegende Filmlandschaft Südtirol werden.
,,Denn trotz der überwältigenden Kulisse werden hier, anderes als zu Trenkers Zeiten, gar keine Filme mehr gedreht.“ Das soll sich endlich wieder ändern. Denn der Berg ruft noch immer.
Susanne Hermanski, Süddeutsche Zeitung am 01.07.2010.
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